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Archiv für den Monat April 2009

lesung: schleenhain

Donnerstag, 16. April 2009

poesie der arbeit – arbeit der poesie
31. august 87 … ich bekomme einen betriebsausweis, mit dem kollegen vogel hole ich den stempel, damit ich die bahnfahrt nicht bezahlen muß. und jetzt muß ich gar keine fahrkerte mehr kaufen?, frage ich. nein nein, sagt der kollege vogel, das bezahlt der betrieb. mit der sdajgruppe stand ich vor zwölf jahren am werktor von siemens und verteilte zeitungen mit der forderung, der betrieb solle die anfahrt der arbeiter tragen, wenigstens einen anteil. die leute lachten uns aus. die leute hörten uns gar nicht zu…
Thomas Keck stellt das Tagebuch aus der Produktion, das Ronald M. Schernikau in die tage in l. aufgenommen hat, vor und in Beziehung zu einer bedeutenden Literaturdebatte der DDR.
die tage in l. darüber, daß die ddr und die brd sich niemals verständigen können, geschweige mittels ihrer literatur. Konkret Literatur Verlag, Hamburg, 1989 und 2001. Poesie der Arbeit. Arbeitsheft 17 der Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin, 1973
dienstag, 21.04.09
verbrecherversammlung im Monarch
Skalitzerstr. 134. 10999 Berlin
Beginn: 20.30 Uhr. Eintrittspreis: 4 €

presseschau 3 – der letzte kommunist

Samstag, 04. April 2009

Dass Roland M. Schernikau im Jahr 1991, kurz nach dem Verschwinden der DDR starb, muss man nicht als Zeichen lesen. Todesursache waren die Folgen einer HIV-Infektion. Trotzdem ist sein herausragendes literarisches Werk undenkbar ohne die Utopie DDR. Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution mag solches Denken befremdlich wirken. Aber befremdet haben gute Bücher wie “Kleinstadtnovelle”, “Die Tage in L.” oder “Legende” schon immer. Ihnen und Matthias Frings’ Biographie sind zahlreiche Leser zu wünschen. tobias amslinger für den mdr

Das kurze Leben und das vielfältige Werk werden von Matthias Frings nicht als klassische Biografie dargestellt. Stattdessen lesen sich die 89 Sequenzen wie ein Film-Szenario. Handlungsbetonte Rückblenden aller Art wechseln mit eher reflexiven Passagen ab. Es ist nicht ganz einsichtig, warum die nonchalant eingestreuten Lebenserinnerungen des Biografen fast ein (geschätztes) Viertel des Textes einnehmen. Die Quellenlage und -verarbeitung ist ausgezeichnet. Frings konnte den bei Rainer Bohn (der übrigens den Briefwechsel Hacks – Schernikau 1992 vorzüglich edierte) liegenden Nachlass einsehen und ausführliche Interviews mit der Mutter Ellen Schernikau und dem Lebensgefährten Thomas Keck führen. Einige instruktive Abbildungen wirken als gelungene Ergänzung, ein Personenregister fehlt leider. Es sollte bei einer Neuauflage unbedingt hinzugefügt werden. Die den Titel charakterisierende Überpointierung (statt “letzter Kommunist” hätte es vielleicht “Communist und Literat” oder “einer der letzten Umsiedler” heißen können) findet sich auch im Buch selbst etwas zu häufig. Trotzdem zeugt die Arbeit des langjährigen Schernikau-Freundes von viel Fleiß und Sympathie. Es ist zu wünschen, dass weitere Studien, Neuauflagen und Editionen aus dem Nachlaß folgen. volker gransow fürs deutschland archiv und kulturation.de