vom brechthaus in berlin bis zum hauptbahnhof in frankfurt / main: alle veranstaltungen von matthias frings zu seiner schernikau-biografie im herbst
vom brechthaus in berlin bis zum hauptbahnhof in frankfurt / main: alle veranstaltungen von matthias frings zu seiner schernikau-biografie im herbst
rms
der wettbewerb
das institut – nach unverstandner kühle
das nicht so kühle bauend, und mit kleinheit
das große wollend und nicht tuend: feinheit
des groben zu entdecken – hat gefühle
besonders sei das wirken der gedichte
- was weltbeschreibung soll wird sehr besprochen,
das ehrenwort, beschreibend wirds gebrochen -,
beschreibung sei, was welt auf sie verpflichte.
die tradition hat unbemerkt gesiegt:
was keiner weiß, die welt weiß es: das land
hat mickel, leising, endler, kirschs gekannt
das kennen hat bloß niemand mitgekriegt.
wo bei den großen große dichter wohnen
wird, ich bin sehr gewiß, das wohnen lohnen.
april 1987 in leipzig
unveröffentlichtes typoskript im nachlaß
22 jahre später stellen studierende des deutschen literaturinstiuts leipzig den ehemaligen mit einer lesung aus seinen texten vor, und auch matthias frings wird mit seiner biografie zu gast sein.
13. Mai 2009, 20.00 Uhr im Foyer des DLL
Das Wunderbare an der unterhaltsamen Biografie von Matthias Frings besteht darin, dass er alle naselang aus Schernikaus Büchern zitiert und damit anregt, ein Werk zu entdecken, das ohne Vergleich dasteht. Wer den bevorstehenden Freudenfeiern in diesem Herbst die nachdenkliche Stille vorzieht, der lese zum Beispiel »die tage in l. – darüber, dass die ddr und die brd sich niemals verständigen können, geschweige mittels ihrer literatur«. Auf zweihundert Seiten Alltagsbeobachtungen des Grenzgängers, deren Hellsichtigkeit einem heute, zwanzig Jahre nach Erscheinen, schier den Atem verschlägt. – michael sollorz fürs nd
Dass Roland M. Schernikau im Jahr 1991, kurz nach dem Verschwinden der DDR starb, muss man nicht als Zeichen lesen. Todesursache waren die Folgen einer HIV-Infektion. Trotzdem ist sein herausragendes literarisches Werk undenkbar ohne die Utopie DDR. Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution mag solches Denken befremdlich wirken. Aber befremdet haben gute Bücher wie “Kleinstadtnovelle”, “Die Tage in L.” oder “Legende” schon immer. Ihnen und Matthias Frings’ Biographie sind zahlreiche Leser zu wünschen. tobias amslinger für den mdr
Das kurze Leben und das vielfältige Werk werden von Matthias Frings nicht als klassische Biografie dargestellt. Stattdessen lesen sich die 89 Sequenzen wie ein Film-Szenario. Handlungsbetonte Rückblenden aller Art wechseln mit eher reflexiven Passagen ab. Es ist nicht ganz einsichtig, warum die nonchalant eingestreuten Lebenserinnerungen des Biografen fast ein (geschätztes) Viertel des Textes einnehmen. Die Quellenlage und -verarbeitung ist ausgezeichnet. Frings konnte den bei Rainer Bohn (der übrigens den Briefwechsel Hacks – Schernikau 1992 vorzüglich edierte) liegenden Nachlass einsehen und ausführliche Interviews mit der Mutter Ellen Schernikau und dem Lebensgefährten Thomas Keck führen. Einige instruktive Abbildungen wirken als gelungene Ergänzung, ein Personenregister fehlt leider. Es sollte bei einer Neuauflage unbedingt hinzugefügt werden. Die den Titel charakterisierende Überpointierung (statt “letzter Kommunist” hätte es vielleicht “Communist und Literat” oder “einer der letzten Umsiedler” heißen können) findet sich auch im Buch selbst etwas zu häufig. Trotzdem zeugt die Arbeit des langjährigen Schernikau-Freundes von viel Fleiß und Sympathie. Es ist zu wünschen, dass weitere Studien, Neuauflagen und Editionen aus dem Nachlaß folgen. volker gransow fürs deutschland archiv und kulturation.de
aufm blauen sofa erzählt matthias frings luzia braun, was er vergangenen samstag dem ronald m. schernikau erzählt hat, und dradio hats mitgeschnitten. hören sie sich das ausführliche gespräch an, das auf der leipziger buchmesse geführt wurde.
den sachbuchpreis der leipziger buchmesse durfte matthias frings nicht kriegen, dafür kriegt er kritiken wie die nachfolgend zitierten. übrigens: im schernikau blog können sie auch ihre eigene rezension veröffentlichen.
Frings, der später auch als Moderator des erfreulich unverklemmten Erotik-Fernsehmagazins „Liebe Sünde“ bleibende Verdienste erwarb, hat Schernikau in Berlin kennengelernt. Da war der Dichter, der „kleinstadtnovelle“ wegen, gerade eine vom Gerücht zur Berühmtheit sich aufschwingende Erscheinung, ein Wunderkind, ein Prinz. Frings baut einige Sätze, die viel Spaß machen („In diesem Sommer waren alle verliebt“), er versteht etwas von Bohemesoziologie, man lernt von ihm viel über Schlager, Rauschzustände, die feine Kunst der angeschickerten Konversation, Camp, das Schwärmen, das In-die-Wolken-Gucken und über Schernikaus Weg aus der Provinz ins Zentrum. Die Mutter des Dichters hatte ihn als Kind aus der DDR geschmuggelt, aber diese DDR, die sich hier einmal in Kunstdingen schlauer zeigte als sonst leider allzu oft, war mitgekommen bei jener Westreise, jedenfalls als Idee. In deren Wirklichkeit wollte Schernikau, der wusste, dass Ideen verhungern, wenn man sie künstlich von der Wirklichkeit trennt, später unbedingt zurück. Er hat es gerade noch geschafft, bevor der Staat, dem Schernikau zutraute, sein Zuhause werden zu können, versunken ist. Auch davon erzählt das Buch. dietmar dath in der faz
Das Merkwürdigste an Ronald M. Schernikau ist seine Literatur. Zugegeben, sein Leben ist auch ziemlich merkwürdig, jedenfalls solange wir meine, deine oder Spießers straighte Lebenslinie zum Vergleich nehmen. Als Kind im Kofferraum aus der DDR geschmuggelt, danach jahrzehntelang diesen Staat erträumend, ersehnend, in dessen realer und geistiger Welt er sich besser auskennt als wir uns im Raumschiff Enterprise; ein schwuler Kommunist – mit anderen Worten ein Widerspruch in sich; die ganze Hybridität, die daraus folgt: ein Propagandastück für ein Tuntenensemble, ein Schlager gegen Reagan für Marianne Rosenberg, ein monumentales Musical auf marxistischer Grundlage; schließlich der Schriftsteller, der allerletzter Bürger der DDR wird, mit 31 Jahren einen Tausendseiter abschließt und eine Woche darauf stirbt. Und das sind nur einige Daten.
Matthias Frings hat in seiner gründlich recherchierten Biografie all diese Kuriositäten ausgebreitet, und es ist dennoch kein Kuriositätenkabinett dabei herausgekommen. Wie ist ihm das gelungen? Indem er genau das getan hat, was ihm nun einige vorhalten: Er hat sich nicht auf die eine Person beschränkt, er hat keine bürgerliche Biografie geschrieben. Er verknüpft das Leben von Ronald M. Schernikau mit dem Ellen Schernikaus, das des Sohnes mit dem der Mutter, er täuscht keine Objektivität vor, sondern schreibt aus seiner eigenen Perspektive, er zeigt nicht the one and only, sondern einen Freundeskreis, eine Szene, eine Zeit, eine Gesellschaft. Anders gesagt: Er baut sein Buch nach Schernikaus Poetik. stefan ripplinger in der jungleworld
Matthias Frings deutet Schernikaus Leben nicht, er schnürt diesen von Politik und Sex und Kunst überquellenden Koffer nicht mit dem Gurt einer These zusammen. Es wäre von einem Freund auch zu viel verlangt. Frings hat ein persönliches, liebevolles, dabei dokumentarisches Werk über die Ikone einer Zeit geschaffen, in der die Politisierung von Sex und Identität ihren Höhepunkt erreichte.
Ob die ideologisierte Lust sich ohne Aids und Mauerfall anders entwickelt hätte als zum Hedonismus der Love Parade, zum coolen Sexkonsum? Und was wäre dann aus Ronald M. Schernikau geworden?
Leichter zu sagen ist, was von ihm bleiben sollte. Zündfunken wie die “einfache Probe” etwa, mit der Schernikau neue Leute testete, indem er das Gespräch auf Ideal und Wirklichkeit lenkte. Jammerte der Andere über die Wirklichkeit, konnte man ihn vergessen, redet er über seine Ideale: Dann wurde es interessant. wilhelm trapp in der süddeutschen
alle veranstaltungsorte und termine finden sie hier
noch garnicht im handel, ist DER LETZTE KOMMUNIST. DAS TRAUMHAFTE LEBEN DES RONALD M. SCHERNIKAU von matthias frings neben vier anderen titeln als bestes sachbuch für den preis der leipziger buchmesse 2009 nominiert. verleihung: während der buchmesse am 12.3.09 um 16.00 uhr in der glashalle des messegeländes.
06.03.09 20:30
matthias frings liest aus
DER LETZTE KOMMUNIST. DAS TRAUMHAFTE LEBEN DES RONALD M. SCHERNIKAU
Buchhandlung Prinz Eisenherz
Lietzenburger Str. 9a, 10789 Berlin
25.02.09 20:00
mit luzia braun astrid meyerfeldt ellen schernikau matthias frings thomas hermanns bastian trost
im quatsch comedy club
Friedrichstr. 107, 10117 Berlin
Eintritt: Euro 8,- / erm. 5,- (jeweils inkl. € 2,- Systemgebühr, ermäßigte Karten nur an der Abendkasse). Tickethotline: 01805/25 55 65 (0,14 ct/Min.) oder online: www.quatschcomedyclub.de